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Schüleraustausch zwischen dem Melanchthon-Gymnasium und der Sieff & Marks School (ZIV)

 

Vom 19. bis 28. Februar 2014 traten dreizehn Zehntklässler und Zehntklässlerinnen zusammen mit Dr. Martina Switalski, Johannes Roth und Thomas May den Weg nach Jerusalem, in die einzige Stadt, die es im Himmel und auf Erden gibt, an. Geplant war neben der Unterbringung in den Jerusalemer Gastfamilien eine Dreiteiligkeit des Aufenthalts unter den Stichwörtern „Zusammenwachsen“, „Geschichtsbewusstsein“ und „Versöhnung durch Kunst“. Das „get together“ der ersten zwei Tage im Naturpark Ein Gedi und am Toten Meer war innig und beeindruckend.

Wesentlich schwerer wurden nach den beiden Willkommenstagen zwischen Meer, Bergen und Oase die drei Erinnerungstage im Yad Vashem. Es ist definitiv etwas anderes, wenn man durch die aneinandergereihten Exponate der Nazigräuel neben einem israelischen Austauschschüler, einer israelischen Freundin läuft. Nur wir Deutschen verstehen in dieser Ausstellung jedes erbärmliche Wort aus den Lautsprechern und wir mussten lernen, dass unsere israelischen Gastgeber hauptsächlich „Shoa-Wörter“ aus dem Deutschen kennen. Wörter von der Rampe, von der Deportation, von den Todeslagern: „raus, raus, raus!“ „schnell, schnell“ „Achtung!“ Nur wir Deutschen können jedes Plakat dieser umfangreichen Ausstellungskonzeption wirklich lesen – denn die Sprache der damaligen Herrenmenschen ist unsere Sprache.

 

Der be(d)rückendste Moment für mich waren die Erzählungen meiner Schüler in einem Workshop der International School of holocaust studies am Yad Vashem mit dem unsere Schule kooperiert. Der workshop trug bezeichnenderweise den Titel „Was geht mich (diese) Geschichte an?“. Diese Frage stellt sich einem heute fünfzehn- oder sechzehnjährigen jungen Menschen selbstredend und auch mich fragten meine Schüler immer wieder mal, warum wir denn nach über 70 Jahren immer noch in der NS-Geschichte waten bzw. feststecken müssen. Meine Schüler haben diese Frage selbst beantwortet, als sie gebeten worden waren persönliche Familiengegenstände aus dieser Zeit mitzubringen und vorzustellen. Was erzählt ein Ring, eine Photographie des eigenen (arisierten) Wohnhauses von 1936, das Geschäftspapier des (groß)väterlichen Baubetriebs von 1937, das Farbfoto der jüdischen Großeltern, ein eisernes Kreuz, die gezeichnete Erinnerung an ein amerikanisches Kriegsgefangenenlager in Austin, die Ablichtung der ukrainischen Großeltern, die vom Hunger gedemütigt in sibirische Lager verschoben wurden? All diese Dinge zeigen die monströse Unmenschlichkeit eines Krieges, dem eine menschenverachtende Ideologie zugrunde lag und dass wir uns der kollektiven Verantwortung unserer Geschichte gegenüber nicht entziehen können.

 

Das „Gastgeschenk“ für diese intensiven und zutiefst bewegenden Tage ist sichtbar und hörbar. Als Symbol der wachsenden Freundschaft schufen die deutschen und israelischen Schüler einen vom Thomas May entworfenen „hortus conclusus“, also einen hängenden Garten für die Sieff and Marks school am Mount Herzl. Man kann den Kopf durch die Öffnung stecken und eine kurze Verschnaufpause in der herbeigeholten Wiesennatur genießen. Die deutsche Delegation bringt einen wachsenden Mini-Garten in ein arides Land. Und dieser Garten gedeiht nur, wenn er gepflegt wird. Diese Symbolik war durchschlagend und die Bauaktion beim gemeinsamen Schweißen, Schrauben, Rasenauflegen und Aufhängen ein spannender Prozess.

 

Das hörbare Ergebnis ist ein dreisprachiges „Shalom“-Lied von  Johannes Roth, das die Botschaft unserer Reise in Töne umsetzte: „Shalom, möge Friede mit dir sein. Shalom, Hand in Hand, niemals allein. Shalom versöhnt zusammensteh’n. Shalom – bis wir uns wiedersehen.“ Im Oktober 2014 erwarten wir unsere Austauschpartner in Nürnberg und hoffen ihnen ihre überwältigende Gastfreundschaft und Offenheit vergelten zu dürfen. Zu danken ist dem bayerischen Jugendring und dem Pädagogischen Austauschdienst im Bonn für die Unterstützung dieses Austausches zur Völkerverständigung.