Biophysik

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Biophysik

In der 11. Jahrgangsstufe kann Biophysik als Alternative zum normalen Physikunterricht gewählt werden.

Schüler, die die Lehrplanalternative Biophysik wählen, lernen die Grundlagen eines modernen und faszinierenden Zweigs der Physik kennen, der zunehmend an Bedeutung gewinnt und mittlerweile eine Schlüsselposition in der interdisziplinären Forschung innehat. Vor diesem Hintergrund begreifen die Schüler, dass mithilfe physikalischer Modelle und Arbeitsmethoden weitreichende Aussagen über die Funktionsweise biologischer Systeme getroffen werden können. Dabei erfahren die jungen Erwachsenen auch, dass geeignete Modelle einerseits einen gewissen Komplexitätsgrad haben müssen, um sinnvolle Aussagen zu ermöglichen, andererseits die Beherrschbarkeit von Modellen mit ihrem Komplexitätsgrad rapide abnimmt.

Folgende Themenbereiche werden im Unterricht behandelt:

1. Auge und Ohr

Auge und Ohr sind diejenigen Sinnesorgane, mit denen der Mensch und andere Lebewesen die durch Licht und Schallwellen übertragenen Signale aufnehmen und in Nervenimpulse umwandeln; diese werden dem Gehirn über Nervenbahnen zugeleitet und durch entsprechende Verschaltung von Nervenzellen zu verwertbaren Informationen verarbeitet. Die Schüler erfahren, dass sich diese Antennen im Lauf der Evolution in faszinierender Weise den physikalischen Gegebenheiten der Umwelt und der Lebensweise unterschiedlicher Organismen angepasst haben.

Über grundlegende Erkenntnisse aus Optik und Akustik, durch geeignete Analogieexperimente und die Anwendung entsprechender physikalischer Modelle erlangen die Schüler ein vertieftes Verständnis der Funktionsweise der Sinnesorgane Auge und Ohr.

  • Das Auge: Aufbau des menschlichen Auges und Konstruktion des Strahlenverlaufs, Linsengleichung als Bedingung für scharfes Sehen, Akkommodation, Funktion der Pupille, Anpassung des Auges an verschiedene Lebensräume, z. B. Fischauge, Adlerauge, Einblick in die Funktionsweise der Retina, Stäbchen und Zapfen, spektrale Empfindlichkeit, Grenzen unserer Sehleistung, Beugung und Interferenz am Doppel- und Einfachspalt, Grenzen des Auflösungsvermögens aufgrund von Beugung, Sehzellendichte, konvergenter, Signalverarbeitung und Linsenfehlern.
  • Das Ohr und Grundlagen der Aktustik: Wellencharakter von Schall, Schalldruck und Schalldruckpegel, Frequenz und Tonhöhe, Außen- und Mittelohr, Impedanzanpassung, Schallausbreitung im Innenohr, Wanderwellentheorie, Corti’sches Organ und Erzeugung von Nervenimpulsen.

2. Typische Untersuchungsmethoden der Biophysik

An ausgewählten Beispielen erkennen die Schüler die Bedeutung physikalischer Untersuchungsmethoden in der Biophysik, die Aussagen über strukturelle und physikalische Eigenschaften von Biomolekülen und biologischen Systemen ermöglichen. Dabei greifen die Schüler auf ihnen bereits bekannte physikalische Grundkonzepte aus der Strahlenoptik, Wellenlehre und Elektrizitätslehre zurück. Sie festigen, vertiefen und erweitern diese Grundkenntnisse, um die Funktionsprinzipien mikroskopischer und spektroskopischer Methoden zu begreifen.

  • Lichtmikroskop: Aufbau, Vergrößerung und Auflösungsvermögen in Analogie zum Auge
  • Grundlagen elektrischer und magnetischer Felder: Potential und elektrisches Feld im Plattenkondensator, Kapazität, Kräfte auf Ladungen im homogenen elektrischen Feld, magnetische Flussdichte und Lorentzkraft in homogenen Magnetfeldern, Bewegung geladener Teilchen in elektrischen und magnetischen Feldern, relativistische Massenzunahme
  • Elektronenmikroskop: Wellencharakter von Elektronen, Wellenlänge nach de Broglie, Grundprinzip magnetischer Linsen, Aufbau und Strahlengang des Transmissionselektronenmikroskops, Auflösungsvermögen in Analogie zum Lichtmikroskop
  • Spektroskopische Verfahren: Absorptionsspektroskopie, Aufbau und Funktionsweise eines einfachen Massenspektrometers, Funktionsprinzip des Rasterkraftmikroskops

3. Neuronale Signalleitung und Informationsverarbeitung

Die Schüler betrachten grundlegende neurophysiologische Vorgänge sowie elementare Mechanismen der Informationsverarbeitung und beschreiben diese anhand biologischer und physikalischer Modelle auf zellulärer bzw. molekularer Ebene. Sie erkennen, dass das Verhalten biologischer Systeme auf physikalischen Grundprinzipien beruht und über physikalische Modelle auch quantitativ beschrieben werden kann.

  • Zelluläre Grundlagen: Aufbau von Nervenzellen und Zellmembranen, Diffusion und Membranpotential, Beschreibung der Zellmembran durch einen elektrischen Ersatzschaltkreis, Erregungsleitung im Nervensystem, passive und aktive Signalleitung, passive Signalleitung im Ersatzschaltkreis, Strategien zur Maximierung der Signalleitungsgeschwindigkeit, Einblick in die Signalübertragung zwischen Nervenzellen, Optische Täuschungen und ihre Ursachen, Grundprinzipien der Signalerzeugung in den Rezeptorzellen des Auges, Anpassung der Empfindlichkeit von Sinneszellen, Verschaltungsprinzipien bei Nervenzellen

Aus den folgenden Bereichen muss einer ausgewählt werden:

4. Photosynthese

Durch biologische Systeme wird kontinuierlich Energie aufgenommen und wieder abgegeben. Die Energiequelle, von der alles Leben auf unserer Erde abhängt, ist die Sonne. Die Schüler lernen mit der Photosynthese den auch für unsere Existenz unabdingbaren, lebenserhaltenden Prozess kennen. Sie knüpfen an ihre Erkenntnisse über Materiewellen an und erarbeiten sich ein quantenmechanisches Atommodell. Sie übertragen diese Erkenntnisse auf Moleküle und können damit das Absorptionsverhalten der Photosynthesepigmente verstehen. Sie erkennen weiterhin, dass biophysikalische Methoden und Konzepte dazu geeignet sind, für uns lebenswichtige Prozesse aufzuklären, und welche Rolle eine geeignete Modellierung dabei spielt.

5. Strahlenbiophysik und Medizinphysik

Die Schüler gewinnen ein vertieftes Verständnis dafür, wie grundlegende physikalische Wechselwirkungen von ionisierender Strahlung, elektromagnetischen Feldern und Schall mit biologischem Gewebe für die Gewinnung von Information über Vorgänge im menschlichen Körper genutzt werden können. Das prinzipielle Verständnis der Absorptionsmechanismen ionisierender Strahlung in lebendem Gewebe versetzt die Schüler in die Lage, den Nutzen und die Gefahren beim Einsatz in der medizinischen Therapie zu verstehen.

  • Therapeutische Nutzung ionisierender Strahlung (Röntgenröhre und Teilchenbeschleuniger in der Medizin; biologische Wirkung ionisierender Strahlung;  Tumorbekämpfung durch Bestrahlung)
  • Nutzung ionisierender Strahlung in der Diagnose (Projektionsröntgentechnik, Computertomographie;  nuklearmedizinische Messtechnik, Überblick über häufig verwendete Radionuklide; Tracermethoden, Positronen-Emissions-Tomographie (PET))
  • Sonographie (Erzeugung und Eigenschaften von Ultraschall; Prinzip der Sonographie und Anwendung, Dopplersonographie)
  • Elektrische Felder in Diagnose und Therapie, z. B. EKG, EEG, Defibrillator

 6. Grundlagen der Biomechanik

Mit der Biomechanik lernen die Schüler den ältesten, aber immer noch aktuellen Zweig der Biophysik kennen. Aus der Analyse der äußeren und inneren Kräfte, denen Pflanzen und Tiere im bewegten und unbewegten Zustand ausgesetzt sind, ergeben sich viele interessante Anwendungsmöglichkeiten der in der Natur verwirklichten technischen Prinzipien.

Ansprechpartnerin: Frau Safferling-Rohmfeld

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