Das Nürnberger Melanchthon-Gymnasium ist das älteste in Bayern. Es existiert seit 1526. Seit nunmehr 100 Jahren residiert es zudem im selben Gebäude – Anlass für Kultusminister Ludwig Spaenle ein Resümee über die Grundsätze der humanistischen Bildung zu ziehen.
Den Titel seines Vortrages nannte Kultusminister Ludwig Spaenle selbst „provokativ“: „Was wir den Griechen wirklich schulden …“. Denn: Momentan sind viele nicht gut auf die Griechen zu sprechen – sie verbinden mit dem Land eher die griechischen Begriffe „Chaos und Krise“, so der Minister.
Dabei wird oftmals vergessen, was Europa den Griechen verdankt – nichts weniger als das Fundament des europäischen Hauses. Deshalb sprach Spaenle in Nürnberg von einer ganz anderen Schuld, „bei der unter dem Strich das humanistische Bildungskonzept und seine Ideale stehen.“ Mit seiner Rede am Melanchthon-Gymnasium nutze er „die Gelegenheit, am denkbar geeignetsten Ort – dem ältesten Gymnasium Bayerns und zugleich dem größten der vier rein humanistischen Gymnasien in Bayern – den bleibenden Wert der humanistischen Bildungsidee als Ausdruck unserer gemeinsamen europäischen Identität zu würdigen.“
Ludwig Spaenle zitierte dazu den Namensgeber des Gymnasiums: „Die Jugend recht bilden ist etwas mehr als Troja erobern.“ Dieses Zitat Philipp Melanchthons eignet sich nach Ansicht des Ministers, um den Anspruch des humanistischen Bildungskonzeptes zu charakterisieren: Die Vermittlung wahrer Bildung sei eine anspruchsvolle Aufgabe, um die man mitunter auch zäh ringen müsse.
Schon die Anfänge des bayerischen Gymnasiums basieren dabei auf einem zukunftsweisenden Bildungskonzept. Das offenbare ganz deutlich Philipp Melanchthons Rede anlässlich der Gründung des ersten bayerischen Gymnasiums im Jahre 1526 hier in Nürnberg: Melanchthon betonte darin die Bedeutung von Bildung als Fundament eines funktionierenden Gemeinwesens.
Minister Spaenle erinnerte zudem daran, dass Philipp Melanchthon und die deutschen Gelehrten des beginnenden 16. Jahrhunderts uns heute näher stehen, als vielen bewusst ist. Denn auch zu der Zeit vor fast 500 Jahren mussten die Menschen auf gewaltige Veränderungen reagieren.
Schon seit 500 Jahren musste sich das Gymnasium also immer den gesellschaftlichen Veränderungen anpassen. „So ist die Geschichte des Gymnasiums schon seit jeher auch eine Geschichte seiner Reformen gewesen. Das Schritthalten mit kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen ist ein wichtiger Teil seines Selbstverständnisses und seiner Erfolgsgeschichte“, sagte Ludwig Spaenle.
Doch neben den Gemeinsamkeiten bestehen auch Unterschiede zwischen der Gegenwart und den Zeiten Melanchthons: „Unsere Gegenwart und unsere Zukunft sind bestimmt von den Prinzipien der Beschleunigung und der Spezialisierung. Eine Folge davon ist: Unsere Welt wird immer mehr zu einer Welt von Experten in immer kleineren Spezialgebieten. Sollen wir unseren Schülern also immer mehr, aber dafür immer weniger dauerhaftes Wissen in immer kürzerer Zeit vermitteln?“
Die Antwort auf eine exponentielle Vervielfältigung des Weltwissens kann nicht die Anhäufung von immer mehr Schulwissen sein. „Wir brauchen keine Anhäufung von unverbundenem Detailwissen“, sagte Minister Spaenle, „was wir heute brauchen, ist Orientierungswissen – also grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten, die uns Orientierung in der Wissensgesellschaft ermöglichen.“
Aber: Neben der rationalen Orientierung des Gymnasiums, die eine Teilnahme an der heutigen Wissensgesellschaft erlaubt, steht gleichberechtigt die moralische Orientierung.
Zu den intellektuellen Fähigkeiten kommt auch die Bildung von Herz und Charakter.
„Ein Gymnasium, das diese Art von Bildung zu vermitteln vermag, ist kein Auslaufmodell – es kann sogar eine Vorreiterrolle in der Bildungslandschaft einnehmen“, urteilte Kultusminister Spaenle.
Abschließend ermutigte der Minister die Schulgemeinschaft des Melanchthon-Gymnasiums dazu, weiterhin ein „engagierter und erfolgreicher Botschafter für humanistische Bildung zu bleiben.“ Der Wert humanistischer Bildung müsse im Bewusstsein der Gesellschaft gegenwärtig bleiben: „Sie sehen: Die Summe dessen, was wir den Griechen also wirklich schulden, ist unermesslich.“
Text und Bilder erscheinen auf unserer Homepage mit freundlicher Genehmigung der Pressestelle des Kultusministeriums und geben exakt den Text wieder, der unter folgendem Link auf der Homepage des Minisrteriums veröffentlicht wurde.